"Das Europa, im Herzen des mittlerweile angesagtesten Teils von Wien gelegen, ist ein wenig wie Fisch oder Fleisch. Man liebt es oder man verachtet es. Ich schätze es nachts, während ich es tagsüber ablehne. Und das hat verschiedene Gründe. Tagsüber ist mir das Lokal zu laut, um dort einen Kaffee oder eine der recht annehmbaren Speisen zu genießen. Ich brauche auch keine Musik im Hintergrund, die mich ablenkt, während ich in den Nachrichten blättere. Ich möchte mich entspannen und brauche keinen Stress von Gästen oder Kellnern, genauso wenig wie einen Gast, der verwirrt schaut, weil es keinen Sojalatte-Chiapudding gibt. Nachts hingegen mag ich das Lokal sehr. Die Mischung der Leute stimmt (außer am Wochenende, wenn alle aus ihren Löchern kriechen und cool ausgehen wollen), und wenn ich mich im wenig frequentierten Nichtraucherbereich setze, kann ich im Gegensatz zum Tag in Ruhe meine Zeitschriften lesen und nachdenken. Wenn ich Lust auf eine Zigarette habe, gehe ich schnell zur zweiten oder dritten Bar. Außerdem bekomme ich, solange meine geliebte Bedienung anwesend ist, meinen eher durchschnittlichen Rotwein ohne Worte und ohne laut nach der Bestellung zu rufen an den Tisch gebracht. Dafür tausend Dank! Die Kellnerschaft ist auf Zack. Es sind erfahrene Leute, die dazu noch freundlich sind. So weit es möglich ist, denn ein Teil der Gäste benimmt sich im Alkoholrausch recht daneben. Da muss man eine dicke Haut haben, und die Belegschaft im Europa hat das. Die Getränke sind leider eher durchschnittlich, das Essen schwankt zwischen „mhmm“ und „naja“. Aber es ist lobenswert, dass dieses Lokal bis in die frühen Morgenstunden ordentliche Speisen zu vernünftigen Preisen serviert... und das recht zügig. Auch gibt es selten Probleme mit der Abrechnung, wie es anderswo oft der Fall ist. Die Kellner haben hier viel zu tun, und wenn mal etwas schiefgeht, kann man das gelegentlich in Ruhe unter den Tisch schieben. Das Europa ist und bleibt eine Institution."