"Krehl’s Linde – mit dem falschen Apostroph – kann man eigentlich in wenigen Gehminuten von der S-Bahn-Station „Nürnberger Straße“ erreichen, die nur zwei Haltestellen vom Hauptbahnhof Stuttgart entfernt ist. Gleichwohl habe ich es geschafft, mich auf dem Hin- und Rückweg zu verlaufen, weil es bei Google Maps einfacher aussieht, als es ist und ich weder über einen brauchbaren Orientierungssinn verfüge, noch die Anweisungen der Fußgänger-Routenplaner in meinem IPhone begreife. Leute mit ähnlichen Defiziten sollten bei Anreise mit der Bahn vorher im Hotel nach dem Weg fragen. Als ich endlich Krehl’s Linde gefunden hatte, wurde ich sehr herzlich von der freundlichen Chefin begrüßt und zu meinem Einzelzimmer im Erdgeschoss geleitet. Das war jetzt keine Offenbarung, aber auch keine Katastrophe. Das gesamte Haus ist schon sehr in die Jahre gekommen, was sich auch bei der schlichten Möblierung und der zumindest gewöhnungsbedürftigen farblichen Gestaltung der Zimmer zeigt. Vor allem der orange Teppichboden, in dem sich der eine oder andere Fleck verewigt hat, bereitet weder optisch noch hygienisch ein Vergnügen. Dass es im Zimmer „Puschen“ (ich wusste nicht, dass man diesen Begriff auch in Schwaben für Hauslatschen verwendet) geben soll, habe ich erst kurz vor der Abreise dem „Gäste-Handbuch“ entnommen, aber keine Pantoffeln gefunden. Bei 30°C Außentemperatur hatte sich das Zimmer trotz Verschattung in den Fenstern mangels Klimaanlage stark aufgeheizt. Immerhin habe ich in dem verglasten Kleiderschrank einen Tischventilator gefunden, der für etwas Erleichterung sorgte. Außerdem gibt es eine Minibar mit einer kleinen Auswahl an Durststillern zu hotelüblich gehobenen Preisen. Das für nicht zu hoch und breit gewachsene Menschen ausreichend große Bett verfügte über eine passable, mir aber etwas zu nachgiebige Matratze. Auf aktuellem Stand präsentierten sich der Fernseher und das offenbar vor nicht langer Zeit sanierte schicke Badezimmer. Für mich völlig unnötig, wenn nicht sinnlos, ist der LED-Duschkopf, an dessen Stelle ich einen mit verstellbarem Duschstrahl montiert hätte. Wie mir berichtet wurde, gibt es auch einen Föhn, der aber in einem Sackerl versteckt ist. Das Frühstücksbüffet wirkte auf mich zunächst sehr umfassend und verlockend, bis ich bemerkte, dass es ohne richtige Kühlung auskommen muss und sogar die Butter ohne Eis und Kälte der Raumtemperatur ausgesetzt wird. Es kam aber noch schlimmer: Nachdem dicke Schmeißfliegen starteten, als ich mich den aufgebahrten Speisen näherte, musste ich feststellen, dass für die unappetitlichen Fluginsekten der ungekühlte und nicht abgedeckte Lachs, Kartoffelsalat, Käseteller und andere ungeschützte Lebensmittel den perfekten Landeplatz boten. Dadurch schränkte sich für mich die Auswahl an verzehrbaren Produkten schlagartig erheblich ein. Ich habe deshalb auf ein vorgekochtes Ei im Warmhaltekörbchen zurückgegriffen, das leider nicht richtig weich und nicht mehr heiß, aber dennoch einigermaßen genießbar war. Krehl’s Linde beansprucht für sich auch preislich ein durchaus gehobenes Niveau, dem aber weder das Haus noch die einfachen und veralteten Zimmer gerecht werden. Wenn dann auch noch das Frühstücksbüffet einen Nährboden für Fliegenmaden bildet, stellen zwei Sterne schon eine sehr wohlwollende Bewertung dar."