"Was für ein kleines Desaster! Die frisch angezapften Fässer standen schon seit ein paar Tagen in der Sonne. Oder es gab ein ernsthaftes Qualitätsproblem mit meinem allerersten Uerige, das ich vor ein paar Jahren auf der Benrather Bierbörse hatte – siehe die Diskussion dort. Seitdem habe ich mich in der geschätzen Hauptstadt des Landes schöner gehalten. Aber jetzt, im Rahmen des aktuellen Kulturerbes, einschließlich der Trinkkultur, bot sich die Gelegenheit zur zweiten Chance, die jeder von uns verdient, und somit auch jedes alte Bier. Zwischen zwei Inspektionen der Musentempel wurde das Uerige zunächst aus dieser aparte Bogenverschlussflasche serviert. Aha, los geht's! Ein bisschen herzhaft, reichhaltig, schmackhaft. Und es war schon klar, dass der Lieblingsort und ich den erfolgreichsten Tag beim frisch gezapften Original beschließen würden. Rheintypisch kann man sich zuerst im sehr gut besuchten Außenbereich, dem sogenannten Forum Uerigianum des Hauses, platzieren. Die kurze Wartezeit auf das kühle Nass wird in der Anekdotenecke sogar durch die temporäre Teilnahme anderer Bier-Tischbesetzungen überbrückt. Doch wenn es dann losgeht, laufen auch die Bockwürstchen vom Tiger und mein wachsender Salat erweist sich als solide. Für größere Runden gibt es den Originalteller mit 10 oder 20 Scheiben Brot. Kulinarische Ausschweifungen werden hier natürlich nicht erwartet. Die Küche des Uerige ist als vielfältig einzustufen. Neben der Standard-Brauhausekarte gibt es warme, saisonal angepasste Tagesgerichte wie Königsberger Klopse, Suppen oder Kohlroulade in der Preiskategorie von 4 bis 10 Euro. Die Uerige Haxe hat es auch finanziell in sich: 17,10 Euro für Buffets verschiedener Ausstattung und Preisklassen werden für Gruppen ab 20 Personen angeboten. Nach einer kurzen, erfrischenden Altstadttour wurde das Treffen im Inneren des Uerige fortgesetzt – man hatte wieder Appetit und speiste jetzt à la carte: Die Mettbrötchen waren frisch und wurden fachkundig in jeder Hinsicht empfohlen. Über meinen Ziegenkäse mit Pumpernickel, Rucola und feinem Dressing kann ich ebenfalls nicht klagen. Zum Abschluss konnte ich mir das Uerige Schokoladen Altbier Mousse gönnen, stilecht serviert in 0,25 l kleinen Gläsern. Da der mögliche Biergehalt neben der dominanten Schokolade nicht wahrnehmbar ist, wurde das Bierglas nach und nach geleert. (Zitat Eknarf: „Es war auch ein tödliches Vergnügen.“) Am Ende des Experiments hat sich die jetzt trinkbare Schokolade als ein echtes Geschmackserlebnis erwiesen und wird ausdrücklich zur Nachahmung empfohlen. Neben dem gemütlichen Brauhaus mit 150 Plätzen und Blick auf die hauseigene Sudhaus hat das Uerige noch mehrere andere Räume, wahlweise mit Gewölbedecke, historisch oder trendig elegant: das Stickum im Nachbargebäude. Ich kann nichts über die Toiletten sagen, da ich anscheinend eine größere Blase als andere habe. Die Tagesgesamtmenge von 2,5 l zeigte am Sonntagnachmittag keine nachteiligen Auswirkungen. Auch wenn 'dat tasty Dröppke' nicht mein Lieblingsbier ist, spricht dies klar für Unbeschwertheit und Qualität. Letzteres kann auch auf die Uerige-Varianten zutreffen, Sticks (6 % statt 4,7 % Alc., nur im Januar und Oktober erhältlich) und die Fässer mit Dull- oder Rhabarberzusatz. Die hauseigene Destillerie produziert die Bierbrände und einen hoch exklusiven, aber nur drei Jahre alten und daher wahrscheinlich recht abenteuerlichen Single Malt Whisky. Wunderbar perlende Unterhaltung (nicht nur über die plattierten Förmchen, die kurzfristig in erhöhtem Lärm geleitet werden müssen). Aber immerhin ist die Mädchentheke (mit Zitat-Jüngling vom armen Nachbarn) erstaunlich ruhig. Freundliche, meist aufgetakelte Kellnerinnen lassen niemanden durstig und sind sogar bereit zu plaudern. Insgesamt: Brauhausekultur vom Feinsten. Hochgelobte und beeindruckende Empfehlung vom Holz. Mit besten Grüßen, Sir Thomas."
