"Das Ambiente des Speisesaals hat uns sehr gut gefallen – eine schöne Farbgestaltung und ein gelungenes Lichtdesign. Die Tische sind recht eng gestellt, was wir jedoch nicht als unangenehm empfunden haben. Die Stühle und Bänke sind gut gepolstert und man sitzt bequem. Es war „laut“, was Bistro-Atmosphäre vermittelte, und das schätzen wir. Der Service war entspannt, freundlich und sehr aufmerksam; die Gläser waren nie leer und der Brotkorb wurde unaufgefordert nachgefüllt.
Wir entschieden uns für das 5-Gänge-Menü, das vielversprechend klang. Das Geschirr war schön und die Anrichtung sollte das Auge erfreuen. Leider war der von mir gewählte Wein nur auf der Karte zu finden, im „Keller“ war er nicht vorhanden. Man bot mir zwei Alternativen an, die ich ablehnte und erneut die Karte anforderte. Ich wählte einen Burgunder von Dr. Heger, Jahrgang 2020, allerdings war die Flasche, die am Tisch serviert wurde, von 2022. Nun ja. Die Grüße aus der Küche waren handwerklich in Ordnung, jedoch nicht besonders kreativ: ein Cornetto mit Rindertatar, eine kalte Paprikasuppe mit Himbeere, ein „Tartelette“ mit Spargel usw. Die Temperaturen waren passend, das Gebäck filigran und knusprig. Zum Brot wurde geschlagene Zitronenbutter gereicht, die mir nicht zusagte. Mir wäre eine einfache, aber gute Bordierbutter lieber gewesen.
Es folgten Sellerie, Haselnuss, Jalapeno und Rhabarber in ansprechender Optik. Geschmacklich erinnerte dies an Waldorfsalat und war dank der Mayonnaise erstaunlich mächtig. Die Säure des Rhabarbers und die Schärfe der Jalapenos konnte ich nicht wahrnehmen. Der Gang mit Jakobsmuschel, Kohlrabi, Mandel und Apfel zeigte eine rohe Jakobsmuschel, die zusammen mit Apfel und Kohlrabi zu einer Rose gerollt wurde, dazu etwas abgeflämmter Kohlrabi und eine homöopathische Dosis Kaviar. Kaviar funktioniert für mich nur, wenn man ihn auch wirklich schmeckt; hier konnte man die Körner zählen.
Das Agnolotti „Carbonara“ mit Pecorino, Pfeffer und Guanciale war simpel und sehr gut. Dieser Gang überzeugte uns, der Gaumen wurde mit Cremigkeit und herzhaftem Aroma verwöhnt. Der Umgang mit der großen Pfeffermühle war etwas übertrieben. Das Weidehuhn von Odefey und Töchter, Brust und Keule mit Kartoffel, Karotte und Rosmarin, gefiel meiner Frau sehr gut. Ich vermisste Röstaromen und knusprige Hühnerhaut. Wurde die Brust „Sous-Vide“ gegart? Aromatisch saftig war ein frittiertes „Bällchen“ aus dem Keulenfleisch, doch auch die Kartoffelbeilage war frittiert, was es mir etwas zu fettig machte. Die Pommes-Soufflées waren handwerklich verbesserungswürdig.
Das Dessert mit Erdbeeren, Schokolade, Petersilie und Sumak war optisch ansprechend und geschmacklich gut. Dazu gab es zum Kaffee noch einige Naschereien, schön präsentiert und handwerklich in Ordnung. Nach etwas über zwei Stunden verabschiedeten wir uns bereits wieder. Wenn man nicht regelmäßig in der gehobenen Gastronomie unterwegs ist, könnte man eventuell von der Küchenleistung beeindruckt sein. Am Nachbartisch „feierte“ man ein Kalbsschnitzel mit Kartoffelsalat. Für uns war das Gebotene in Ordnung. Einmal mehr bestätigte sich meine Wahrnehmung, dass im Bereich der mit einem Guide-Michelin-Stern ausgezeichneten Restaurants alles von Kreisliga bis Champions-League zu finden ist. Falls es 2025 so weitergeht, könnte der Glanz des Guide Michelin verblassen. Fazit: Ein Re-Match wird es für uns nicht geben."