"Seit Jahr und Tag pilgern italophile Gourmets aus ganz Stuttgart in das beschauliche Schönaich. Hier ist der Name Programm. Vor gut 25 Jahren eröffnete Giuseppe Gentile aus Sizilien (ja, er ist wirklich heiß!) ein Feinkostgeschäft mit allerlei Delikatessen, die der Deutsche fast nur aus dem Urlaub kannte: Salsiccia, Limoncello, Tartuffo... Auch wir kauften hier normalerweise einmal im Quartal ein und freuten uns jedes Mal auf das Angebot. Doch es war längst klar, dass eine räumliche und inhaltliche Erweiterung ansteht. Jetzt haben sowohl der riesige Gentile Gusto Supermarkt als auch ein angeschlossenes Ristorante wieder eröffnet – wobei das Wort „angeschlossen“ hier völlig unpassend erscheint, so großartig, fast ein bisschen prunkvoll, kommt das Lokal daher. Gentile bleibt dem nicht besonders hübschen Schönaicher Industriegebiet treu, hat sich aber in die äußerste Ecke Richtung Steinenbronn zurückgezogen. Das große Zweckgebäude wirkt nicht sehr einladend, ist jedoch von innen mit allen Raffinessen ausgestattet. Wunderbar ist, dass das Restaurant auch montags geöffnet hat, sodass wir nach einem ersten Rundgang durch den wirklich riesigen Supermarkt hier zum Mittagessen bleiben. Die reguläre Karte gilt leider nur abends, beeindruckt jedoch mit außergewöhnlichen Kreationen: zum Beispiel dem Haus-Salat Gentile mit Fenchel, Schwarzkohl, Blutorangen, Mandeln und Pecorino oder Ravioli mit Entenleber, Büffelricotta, Honorangen und Thymian. Wer ein ganzes Menü feiern möchte, sollte die große Brieftasche einstecken und möglicherweise den angebotenen Shuttleservice nach Hause buchen. Zum Mittagessen gibt es das kleine Wochenangebot. Es werden ein halbes Dutzend Gerichte angeboten (darunter Caprese, Risotto mit Kürbis und Gorgonzola, Saltimbocca, Kalbskutteln). Wir wählen Spaghetti Carbonara (15,00 Euro) und die Pizza Special (14,00 Euro). Was zunächst sehr profan klingt, entpuppt sich als Gaumenschmeichler-Spezialität. Die Spaghetti werden mit Pecorino, Eiern und Teigwaren zubereitet und heben sich glücklicherweise deutlich von den sonst in deutschen Lokalen üblichen Varianten mit Sahne ab. Die Portion ist zwar nicht groß, aber ein klassisches Primo Piatto. Dass ein Gast am Nachbartisch laut über die geniale Menge meckert, beschert uns Fremdscham. Allerdings sind die Nudeln sehr al dente – zwei Minuten mehr hätten ihnen gut getan. Dafür ist die Pizza wirklich kräftig und schmackhaft: mit fluffigem Boden, frischem Rucola, reichlich Mozzarella Fior di Latte, süßen Cherrytomaten, Olivencreme und Grana Padano. Eine herzhafte, aber etwas zu salzige Mischung. Neben der 0,75-Liter-Flasche San Pellegrino (6,00 Euro) hätten wir fast eine zweite benötigt. Als Überraschung gibt es den weißen Lacryma Christi del Vesuvio (6,50 Euro für 0,2 Liter aus Kampanien). Die „Tränen Christi“ zeichnen sich durch mineralische, sehr trockene Untertöne aus – man glaubt fast, das Vulkangestein des Vesuvs herauszuschmecken. Man muss ihn wirklich sehr kalt trinken. Und zusätzlich: Zu jedem Tagesgericht wird ein frischer, knackiger Salat serviert – die Blattsalate überzeugen mit bitteren Noten und einer spärlich verwendeten Vinaigrette aus feinem Olivenöl und Balsamicoessig. Brot und Olivenöl stehen natürlich auf jedem Tisch bereit. Der Service ist absolut erstklassig: aufmerksam, souverän, formell, zuverlässig. Auf Wunsch wird auch auf Italienisch mit Muttersprachlern kommuniziert. Das Innendesign setzt braune und goldene Akzente in verschiedenen Materialien: in Stein, Textilien, Leder, Lamellen, Tapeten, Lampen. Für unseren Geschmack etwas zu opulent und pompös. Sehr angenehm sind jedoch die Tischläufer, Brottaschen und Bestecktaschen (Kunstleder). Der Flur zu den Toiletten ist mit schätzungsweise 6 unterschiedlichen Türen verwirrend. Hier kann es passieren, dass man beim Personal anklopft oder eine ältere Dame mit der kniffligen Tür des Damentoilettes nicht zurechtkommt. Obwohl wir vor 12 Uhr eintreffen, ist der Platz bereits gut besetzt. Generös wird uns jedoch ein großzügiger Tisch für vier Personen mit seitlichen Eckbänken angeboten. Eine halbe Stunde später sind fast alle Tische besetzt. Eine Reservierung scheint daher empfohlen."