"Das Oberschwäbische Bad Saulgau ist aus gastronomischer Sicht für uns noch völlig unbekannt, obwohl wir dort gute Freunde haben (die allerdings hervorragend kochen). Grund genug, auf das veraltete Angebot von letzter Woche zu bestehen. Unsere erste Wahl hat jedoch sonntags geschlossen, also müssen wir auf weitere Empfehlungen zurückgreifen. "Heimwärts am Markt" scheint einen guten Ruf zu haben, insbesondere was die herzhafte, bodenständige, traditionelle Küche anbelangt. In einem denkmalgeschützten und stilvoll gestalteten Gebäude (mit ochsenblutrot gefärbtem Mittelraum) gibt es ein elegant eingerichtetes Restaurant, in dem verschiedene Farbtöne zwischen Schwarz, Weiß und Anthrazit dominieren. Die verspielte Einrichtung mit kuscheligen Sitzgelegenheiten und einladendem Flair hat etwas Bezauberndes und Künstliches. Im Obergeschoss befindet sich ein rustikal gestalteter Raum mit Fenstern und Holzmöbeln, der ausreichend Platz für Familienfeiern und Firmenveranstaltungen bietet. Bei bestem, fast sommerlichem Herbstwetter sollte man unbedingt die Terrasse nutzen. Hier kann man gemütlich auf pseudo-Korbmöbeln zwischen Olivenbäumen und mediterranen Pflanzen sitzen und das Markttreiben beobachten. Wir sind noch die ersten Gäste zu bester Mittagszeit, doch dann locken wir durch unsere pure Langeweile eine wahre Schar von Nachfolgern an: zuerst ein amerikanisches Touristenpaar, dann eine größere Gruppe Radfahrer, schließlich noch mehr Hungernde. Zunächst kommt niemand in angemessener Zeit, sodass wir uns entschließen, zwei Menüs zu organisieren. Nach einer langen Wartezeit und einer bereits gut gefüllten Terrasse erscheint schließlich der Service, der nach und nach die Bestellungen an jedem Tisch aufnimmt. Das dauert ewig, wir erklären, dass wir hier zuerst waren und bereits zusammen bestellt hatten, aber dass man uns gedankenlos ignoriert hat. Aber nun zum Angebot: Ein großer Teil der Speisen trägt das “Schmeck-den-Süd-Siegel” auf der Karte, das durch einen stilisierten Löwen gekennzeichnet ist. Dieses Siegel soll für regionale Küche stehen, die großzügig interpretierbar ist. Auf der empfohlenen Karte, die im Internet beworben wird und sich auf Galloway-Fleisch (das aus dem Familienbetrieb in Saulgau kommt) fokussiert, finden wir leider nichts. Ein Galloway-Rind mit einer Füllung aus Leber und gebratenen Karotten wäre sehr interessant gewesen. Stattdessen entscheiden wir uns ganz bescheiden für Maissäckchen, einmal traditionell mit Kartoffelsalat und Bratensoße (13,90 Euro) und einmal als Kartoffel-Spinat-Maulbeutel auf Rahmchampignons (12,90 Euro). Goldenes Ochsen-Kellerbier aus Ulm (3,50 Euro für 0,5 l), alkoholfreies Weißbier aus dem Allgäu (3,50 Euro für 0,5 l) und hausgemachte Limonade (4,50 Euro für 0,5 l). Ich nehme an, wir bestellen alles zusammen. Nach einer Viertelstunde wird der Beilagensalat unseres Nachbarn serviert. Dann passiert sehr, sehr lange nichts. Nach der Vernichtung des Salats wird die Limonade serviert - mit dem Hinweis, dass man gerade mit Kämpfen beschäftigt sei. Der Service kümmert sich wenig. Nach einer weiteren endlosen Wartezeit kommen schließlich alle bestellten Maissäckchen der Gäste sofort. Der Service deckt somit die Tische ab und macht auch eine große Runde im Inneren. Meine Rufe werden ignoriert. Als mein Gericht schließlich bei mir ankommt, ist die Hälfte kalt. Nach 45 Minuten nach der Auftragsabgabe. Die gestresste Bedienung reagiert auf unsere Beschwerden nur mit dem Ausruf “Heideblitz” – was das auch immer bedeuten mag. Ein paar Worte zu den Maissäckchen: pro Portion gibt es nur ein einziges Maissäckchen, das aber großzügig in drei Teile geteilt wird, sodass das reichhaltige, sorgfältig eingewickelte Innere gut sichtbar ist. Die Kartoffel-Spinat-Version war etwas trocken, aber die Pilzsoße war gelungen. Die klassische Version besticht durch eine großzügige, fluffige, saftige Füllung und einen ansehnlichen Kartoffelsalat, der jedoch etwas sparsam ausgestaltet war. Beide sind sehr schmackhaft, aber keineswegs überwältigend. Bedauerliches Fazit: Der katastrophale, ignorant wirkende, völlig überforderte Service hat leider jegliche Freude verwehrt, sodass wir die positiven Punkte wohlwollend übersehen haben."